Sektmanufaktur Schloss Vaux
„Es braucht halt alles seine Zeit“, lässt der österreichische Schriftsteller und Dramatiker Felix Mitterer, den alten Bergbauern vom Rottererhof in seinem Film der Piefke-Saga knurren, als er seine Jugendliebe nach Jahrzehnten wieder trifft. Die Story endet im Heute und wenigstens zeitweise in einem Happyend. Ja, Altes entwickelt sich manchmal spät zu einem Juwel. Mehr als für viele andere Unternehmen der Weinbranche trifft das auf Schloss Vaux zu. Das Sektschloss erscheint heute als strahlender Solitär im Garten der perlenden Lüste. Dabei ist die Historie wahrhaft von Brüchen der deutschen Geschichte gezeichnet. Schon der Ursprung mutet kurios an: Der Grundstein des Unternehmens wurde 1868 in Berlin gelegt. Später erwarben die Eigentümer mit Chateau Vaux unweit von Metz an der Mosel tatsächlich ein Schloss und schufen eine angemessene Produktionsstätte für ein "Deutsches Sekt-Haus". Nach dem ersten Weltkrieg war es vorbei mit deutscher Produktion auf französischem Boden, und die Kellerei siedelte von Lothringen nach Eltville im Rheingau über.
Dort wechselten die Besitzer mehrfach, und schließlich gehörte die Sektklitsche zu den Assets der Dresdner Bank, für die der Wiesbadener Bankdirektor Gustav Adolf Schaeling als Verwalter zuständig war und erfolglos Käufer suchte. Aufgeben wollte Schaeling nicht, denn er war verliebt in "seine" Sektkellerei, und so scharte er 1982 einen kleinen, feinen Freundeskreis um sich. "Wahrung der Tradition, edle Sekte und handwerkliche Produktion" schrieben sich die Retter aufs Panier und begannen eine ganz neue Geschichte zu schreiben. 1986 erfolgte die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft, an der inzwischen über 70 Aktionäre beteiligt sind. Dass die Dividende auch in flüssiger Form beglichen wird, soll dabei eine nicht unerhebliche Rolle spielen. 1998 wird mit Nikolaus Graf von Plettenberg ein honoriger Vorstandsvorsitzender engagiert, der seither mit Erfolg und diplomatischem Geschick die Sektkellerei leitet. In der historischen Burg Crass in Eltville wurde eine angemessene Bleibe gefunden und seit 2014 besitzt die Sektmanufaktur neben der Gründerzeitvilla in der Kiedricherstraße ein eigenes Weingut in Geisenheim und über Grundweine aus eigenen Trauben. Mit 350.000 Flaschen Jahresproduktion zählt Schloss Vaux beileibe nicht zu den Schwergewichtlern der Branche. Aus qualitativer Sicht lässt sich das sicher anders beurteilen, und als Aushängeschild einer deutschen Sektkultur macht Schloss Vaux eine exzellente Figur.
Hermann Pilz, Weinwirtschaft 21/2016